Man stelle sich folgende Situation vor:
Frau ist verliebt in Mann, Mann ist verliebt in Frau.
Sie haben eine Beziehung.
Eine Fernbeziehung.
Sie sehen sich alle zwei bis vier Wochen für höchstens drei Tage. Das Geld und viele km stehen öfteren Treffen im Weg.
Ihnen bleibt einzig das Telefon.
Er teilt ihr 100 mal am Tag mit, wie sehr er sie vermisst.
Sie vermisst ihn ebenso, wird nach einer gewissen Zeit jedoch müde, das ständig zu sagen. Davon wird die Sehnsucht nämlich nicht kleiner sondern nur größer.
Er kann UMSONST mit ihr telefonieren, weil er eine Telefon-Flatrate zuhause hat.
Sie telefonieren jeden Tag.
Dauer eines Durchschnittsgespräches: 15 Minuten.
Themen eher durchwachsen.
Inzwischen hat sie wenigstens durchsetzen können, dass er nicht nebenher chattet. (oder vielleicht macht er es noch und sie hört es nur nicht mehr am Telefon)
Das Telefonat ist das letzte, was er vor dem Schlafen macht. Entsprechend oft geht es um das Thema "müde sein" und "schlafen".
An Tagen wo er frei hat, bzw zuhause ist, putzt er, spült er, spielt er am computer, schläft er,... usw. Was er nie macht, ist, Sie anzurufen. Das macht er immer nur spät am Abend. Selbst an Tagen, an denen er schreibt, dass ihm langweilig ist und dass er sie so sehr vermisst, ruft er immer erst todmüde vor dem Schlafen an. Sie sitzt solange auf Abruf bereit.
Heute hat er gesagt, dass er sie um 23 Uhr anruft. Nach der Party. (Den Nachmittag musste er schlafen und dann ist er vom Bett zur Party gefallen. Dazwischen hatte er keine Zeit, um zum Hörer zu greifen.)
Um 23 Uhr trudelt bei ihr eine SMS ein, dass er noch auf der Party sei.
Sie hat die Wahl: entweder ein vier-minuten-handy-gespräch, angetrunken, von ner Party
oder Zickenterror.

Sie entscheidet sich für letzteres und wird dann per sms beschwichtigt.

Verlangt sie zu viel?
Regt sie sich über unwichtiges auf?


Sie läuft wie ein Tiger durch die Wohnung.
Ohnmächtig, weil sie diese Auseinandersetzung nicht persönlich mit ihm austragen kann. Innerlich schreiend vor Wut, weil er sie immer nur beschwichtigt, wenn sie mit einem Thema dieser Art anfängt (und sie ist noch echt genügsam und unzickig, im Vergleich zu 98% der restlichen Frauen).
Sie hat 5 Jahre in dieser inneren Wut und Ohnmacht verbracht. Diese 5 Jahre reichen ihr. Sie hat ihr Leben nicht auf den Kopf gestellt, um dann wieder Tag für Tag gegen dieses innere Raubtier angehen zu müssen.

In ihr schreit alles nach VERLETZEN! Nach SCHREIEN! Nach HEULEN und DINGE KAPUTTSCHMEISSEN.

Und keiner da, mit dem sie reden kann. Keiner da, bei dem sie weinen kann. Verdammt verdammt verdammt!!!!!!!!! :(

Am liebsten würde sie jetzt den Kopf in den Sand stecken.
So wie er das immer macht: passt ihm was nicht, sitzt er es aus.
Aber dann erstickt sie.

Eingraben.eingraben.eingraben.eingraben.....
Sie war gerade erst dabei, wieder an die frische Luft zu krabbeln.Aber mit zu viel Sauerstoff erträgt sie das gerade nicht.
Sie dreht sich den Sauerstoff ab, damit das Hirn mal zur Ruhe kommt. Sonst sagt oder tut sie Dinge, die sie später bereuen könnte.... Das letzte Mal, als sie in so einer Situation war, hat sie sich die Arme aufgeschnitten bis das Bliut in Strömen lief. Beim Mal davor hat sie Tabletten geschluckt, bis die Polizei in der Bude stand.
Nicht nochmal. Nicht nochmal. Nicht nochmal....